Die Präzision des Zufalls
Die Präzision des Zufalls
Jeder der schon mal einen Film — egal welcher Länge — geschnitten und mit Musik unterlegt hat, kennt diesen Effekt. Man fügt ein Musikstück ein und, ohne das man es geplant hätte, passte es an verschiedenen Stellen, wie die Faust aufs Auge. An anderen Stellen passt es vielleicht nicht so gut, ist aber zumindest nicht störend. Spätestens seit man Kinofilme leihen oder kaufen konnte, haben Menschen angefangen zu experimentieren. Während der Film auf dem Fernseher lief und der Ton abgeschaltet wurde, hat man über die Stereoanlage einen andren Sound dazu abgespielt.
Ein interessantes Beispiel für ein solches MashUp ist die Kombination des vierten und letzten Kapitels von Stanley Kubricks "2001: Odysse im Weltall - Jupiter and beyond" und dem Pink Floyd Song "Echos". Wenn man sich das zu ersten Mal ansieht, ist man doch sehr erstaunt über die Qualitäten dieser Kombination.
"Pink Floyd Echoes & 2001 A Space Odyssey HD" auf youtube
Die verschiedenen Abschnitte und die unterschiedlichen Stimmungen des Songs scheinen perfekt aufeinander abgestimmt. Die Vermutung, dies sei Absicht, kann ich nach einfacher Internetrecherche nicht bestätigen. Ich habe keinen Artikel gefunden, der dafür irgendeinen Beleg hätte. Kubrick Film ist vor dem Pink Floyd Album "Meddle" entstanden, das Echos enthielt und alle gefundenen Interviews mit Leuten, die es wissen müssten, haben keinen Beleg erbracht, dass bei der Aufnahme oder Mischung von "Echos", der Film irgendeine Rolle gespielt hätte. Was hier vorliegt ist also die Präzision des Zufalls. Vielleicht ist aber auch nur das menschliche Gehirn so geschaltet, dass es die angebotene Musik einfach mit den Bildern in emotionale Übereinstimmung bringt, damit es nicht zu sehr irritiert wird.
Wie dem auch sei. Es stellt sich die Frage in wie weit man derart urheberrechtlich geschützte Werke einfach neu kombinieren darf. Nach meinem Verständnis wäre das in Deutschland verboten. In den USA gibt es die Ausnahme des sogenannten "Fair Use", weswegen man dieses MashUp auch auf Youtube finden kann. Die Frage, die sich mir aber stellt ist, in wie weit darf ich in Deutschland urheberrechtlich geschütztes Material neu kombinieren. Was sind die Voraussetzung, damit ein solches MashUp durch die Kunstfreiheit gedeckt ist?
Wenn man dazu im Internet sucht, findet man ein Buch zum Thema, das mal eben € 149,95 kostet: "Die Collage in der urheberrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des geistigen Eigentums", Ilja Czernik, DeGruyter Bill, 2008. Wohl eher etwas für Juristen. Aber man findet auch einen Artikel zu einem einschlägigen Urteil des BGH: Demnach wäre die Verwendung fremden geistigen Eigentums in den eignen Werken dann zulässig, wenn es "auch die der Kunst eigenen materiellen Strukturmerkmale aufweist, also insbesondere Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung ist, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Autors zum Ausdruck kommen, wobei als Elemente schöpferischer Gestaltung der Einsatz und die verfremdende Verknüpfung von verschiedenen Stilmitteln in Betracht kommen, die Interpretationen zulassen und so auf eine künstlerische Absicht schließen lassen […]." Klar wie Kloßbrühe, oder?
Somit wäre das oben genannte MashUp nach deutschem Recht unzulässig, es sei denn man nutzt es ausschließlich im privaten Bereich. Und mir gefällt es so gut, dass ich es mir sicher noch öfters ansehen werde, egal was Kubricks Erben oder Pink Floyd bzw. deren Erben darüber denken.